14. Juni 2014
Vom Sammeln:
Bei Fussballfans ist das Kleinformat derzeit gross im Geschaft. Sie jagen "PANINI-SAMMELBILDERN" nach. Und halten damit eine Tradition am Leben, die im 19. Jahrhundert von findigen Unternehmern lanciert wurde: Die Kundschaft mit Bildern kodern, die haften bleiben."
Die Zeitschrift "Schweizer Familie" ( 22/2014 Tamedia-Verlag) berichtet über das Sammeln von jenen kleinen Bildern, die - vor allem während grossen
Sportanlässen wie gegenwärtig die Fussball-Weltmeisterschaft in Brasilien - zur wahren Leidenschaft werden kann. Es sind die Kinder - aber nicht nur - , welche jagen und sammeln, tauschen und
kaufen, ordnen und sortieren und so den "Helden" - in diesem Fall der Sportwelt - dadurch näher kommen. "
Der pädagogische Wert des Sammelns
Ein historischer Abriss des Sammelns von Kleinbildchen ist in der Zeitschrift "Schweizer Familie" (Ausgabe 22/2014) erschienen.
"Erzieherischer Effekt
Ganz ahnlich tonte es schon 1931 im Vorwort des Sammalbums "Die Wun der der Welt* von Nestle/Peter/Cailler/ Kohler: «BildersammeIn is! piidagogisch wertvoll. Das Kind entwickckel einen Sinn
fürs Sparen, fur Ordnung und fürs Aufbewahren.»
Tatsachlich bringt man auch heute noch das Sammeln von Bildern und Stickern vor allem mit Kindern in Verbindung. Nur so lässt sich erklärenn, dass gestandene Manner am Kiosk Panini Bildli kaufen
und sich vor der Verkauferin ungefragt rechttertigen, die Bildli seien «im Fall für die Gottibuben."
06. Februar 2013
Sammeln heisst „zitieren“
Sammeln ist nichts anderes als zitieren. Die Sammlerin, der Sammler sucht und erwirbt Werke, Zeugnisse, Arbeiten, Belege von andern, die zu einem bestimmten Thema in irgendeiner Form etwas gesagt oder geschaffen haben. Dabei bleibt es – bei einem echten Sammler – nie beim blossen Zitieren. Es folgen das Einordnen, Bewerten und Beurteilen, das Dazufügen von eigenen Gedanken, eigenem Wissen, das Erweitern des Themas, das Suchen nach neuen Materialien und Beweisen, aber auch das Hegen und Pflegen, von dem, was man bereits zusammengetragen hat. Nicht zuletzt darf auch das Präsentieren nicht fehlen.
Redlichkeit und Unredlichkeit liegen auch hier dicht beieinander. Es wird gemogelt und geschummelt, nicht viel anders als bei der geistigen Erfassung der Arbeit und Leistung von andern. Beim Sammeln geht es dabei meist (auch) um materiellen Besitz und damit um materielle Werte, die rasch einmal auch einen Marktwert haben. Der misst sich in vielen, ja den meisten Fällen vor allem an der Verfügbarkeit und am Renommee, sehr oft nicht „am inneren Wert“ oder gar an der schöpferischen Leistung.
Beim Zitieren lässt sich die einmal erbrachte Leistung nur schlecht schützen, weil die Möglichkeit der Multiplikation fast unbeschränkt und kaum kontrollierbar ist. Es gibt zwar den Schutz des „geistigen Eigentums“, vor allem wenn sich die erbrachte Leistung materialisiert: in Bildern, Schriften, Fotos, Musik, Kunst etc. Dies kann auch gesammelt werden, als Unikat aber auch in der x-ten Multiplikation.
„Die Auseinandersetzung mit den Erkenntnissen anderer bilden die Voraussetzung mit der eigenen Arbeit einen sinnvollen zum Erkenntnisfortschritt leisten zu können,“ schreibt Klaus F. Lorenz in seiner Anleitung zum „ Zitieren und belegen in Wissenschaftlichen arbeiten“. Weiter:„Die Auswertung fremden Wissens ist also nicht nur fruchtbar, sondern sogar notwendig, um Irrtümer und Doppelarbeit zu vermeiden und noch offene Fragestellungen zu erkennen“.
Sammlerinnen und Sammler haben einen ähnlichen Anspruch. Zumindest wenn es nicht einfach nur um das Anhäufen von Besitz geht. Die materielle Komponente ist beim Sammeln viel stärker ausgeprägt (als beim blossen Zitieren) und damit ist auch der Anreiz zum Betrug viel grösser. Sammler brauchen eben die Materialisierung einer Leistung, die dann gesucht, gefunden, erworben und gesammelt werden kann. Auch da gibt es Fälschungen; sie sind aber meist aus materiellen Interessen bewusst hergestellt werden. Wenn sie vom Sammler nicht erkannt werden, wird oft (viel) Geld oft falsch investiert.
Dies betrifft „nur“ die materielle Seite einer Sammlung und die ist schliesslich messbar. Viel gravierender ist die Fehlleitung des Wissens, der Erfahrung und des Erlebens durch Fälschungen. Da trifft man sich mit all denen, die unredlich zitieren oder eben die berühmten Anführungs- und Schlusszeichen übersehen. Deshalb wünsche ich allen Zitierern und allen Sammlern einen Sack voll Gänsefüsschen.
Peter Züllig
28. Oktober 2010
Eine Frage, die mir immer wieder gestellt wird: „Warum sammelst du?“ Es gibt viele Antworten und ich weiss nicht, welches die richtige oder gar die wichtigste ist. Freizeitbeschäftigung, Anhäufung von Erinnerungsstücken, Sammelspass durch Jagen nach seltenen Exemplaren, geschichtliches Interesse, Faszination an kultureller Vielfalt, Verlangen nach Vollständigkeit, Sehnsucht über eine eigene Welt zu verfügen, Freude am Besitzen was andere längst weggeworfen haben, Erhalten-Erinnern-Bewahren was nur eine geringe Halbwertzeit hat, Aufsteigen zum Experten in einem in sich geschlossenen Bereich…..
Tatsächlich verbergen sich in alle den Motiven viele Freuden, aber auch einige Leiden. Vielleicht die Erkenntnis, dass Vollständigkeit nie möglich ist, dass gerade das schönste und beste Exemplar unerreichbar bleibt, dass Chancen verpasst werden, dass es viel Arbeit gibt zu registrieren, archivieren und aufzubewahren, dass der Platz zu knapp wird, dass die Zeit zerrinnt, dass die Sucht der Vernunft zu schaffen gibt.
Und trotzdem sammle ich, eigentlich seit meiner Kindheit. Gerade diese Krippensammlung ist ein gutes Beispiel wie Kinderfreuden und Erlebnisse der Kindheit weiterleben, über Jahre und Jahrzehnte. So habe ich im Alter von etwa sechs Jahren mit meinem ersten Sparbatzen zuerst eine, dann ein paar Krippenfiguren gekauft. Immer vor Weihnachten durfte ich das Kässlein plündern.
Diese Figuren sind der Anfang meiner Kleinkrippensammlung. Natürlich hat sich nach ein paar Jahren – in der Pubertät – die Krippenbegeisterung gründlich gelegt, zu viel Sentimentalität, zu viel Kitsch, zu viel Kindlichkeit.
Im Studium bin ich ihr zwar wieder begegnet, der Krippe. Als heilige Familie in der bildenden Kunst („Anbetung der Könige“ von Nicolas Poussin, Paolo Veronese, Meister Bertram von Minden. Lucas Cranach…), als Volkskunst (Santons in der Provence, Neapolitanische Krippe, Schwarzberger Krippenfiguren, Erzgebirge) in Kirchen und auf Altären.
Die zündende Idee zum Sammeln kam viel später. Ich erhielt – bereits als Erwachsener mit kindlichem Herzen, eine winzige Krippe aus Stein, gerade mal zwei-auf-zwei Zentimeter klein, mit Figürchen aus Alabaster. Diese Miniaturkrippe weckte mein Interesse und die Erinnerungen an die Jugend. Aus einer Kleinkrippe wurde eine Kleinkrippensammlung, aus einem Steinchen eine Vielfalt an Formen und Materialien, an Ausdrucksweisen und Fantasien.
Als ich dann erkennen konnte, was sich aus dem schlichten Satz im Lukas-Evangelium: „Sie (Maria) brachte dort ihren erstgeborenen Sohn zur Welt, wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, denn es gab sonst keinen Raum für sie in der Herberge” (Lukas 2, 6-7) während Jahrhunderten an Kulturgut entwickelt hat, in aller Welt und längst nicht mehr „nur“ in katholischen Gegenden, da begann die Sammlung für mich auch einen unvorstellbaren ethnologischen, ikonographischen und kulturellen Wert zu entwickeln. Er reicht von der naiven, kindlichen Glaubenswelt missionierter Christen bis zum amerikanischen Kinderspielzeug Playmobil oder der Konsumware „Krippe“ in der Migros zu kaufen zu 5.50 Fr.
Wer sich also ernsthaft mit einem Sammelgebiet befasst, muss auch informiert sein. Da reicht nur das Wissen über das Sammelgebiet nicht aus. Ein Sammler muss einiges über das kulturelle, geschichtliche, geographische, technische, wissenschaftliche und soziologische Umfeld seines Sammelgebietes wissen. Dies ist vielleicht doch der wichtigste Grund, warum die meisten Menschen letztlich fast immer etwas sammeln, wenn es auch nur über eine bestimmte Zeit oder Strecke ist und sich den wandelnden Interessen meist anpasst.
Peter Züllig