Zeitdokumente: Unbequeme Zeitgenossen (1962)

20. Mai 2018

 

Zeitdokumente:

 

Unbequeme Zeitgenossen

"Zürcher Woche"  vom 01. Juni 1962

 

Die Rubrik Zeitdokumente - eigentlich die Entsorgungsarbeit eine Sammlers - ist seit einiger Zeit ins Stocken geraten. Grund: Das riesige Zeitungsarchiv, das ich in rund 60 Jahren journalistischer Angelegt habe, entrümpelt sich - trotz digitaler Möglichkeiten - nicht von selber. Zugegeben, es kann vieles weggeworfen werden, weil ihr Inhalt heute im Netz jederzeit abzurufen ist. Doch,

Doch Originaldokumente - auch wenn es "nur"Zeitungen sind, haben ihren besonderen Reiz. Darin wird ein Stück Zeitgeschichte festhellten, nicht bloss im Text, auch in den Formulierungen, in den Bildern, in den Zwischentiteln (Gewichtungen), bei Interviews in den Fragen...

Heute also drei Schweizer-Schriftsteller, die gestorben sind.. Zuletzt, vor einem Jahr Kurt Marti. vor elf Jahren Jürg Federspiel, vor 15 Jahren Hans Bösch. In jungen Jahren habe ich ihre Bücher (zumindest ein guter Teil davon), gelesen, sogar verschlungen. Später bin ich ihnen ab und zu beruflich begegnet. Aus heutiger Sicht waren ihre Werke kulturelle Bausteine zur heutigen Schweiz. 

Jürg Federspiel, aus literarischer Sicht wohl der bedeutendste der drei Autoren  Manhattan inspirierte ihn ausser für seinen Bestseller «Typhoid Mary» unter anderem für «Museum des Hasses» (1969), «Wahn und Müll» (1983) und «Kilroy. Stimmen in der Subway» (1988).

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Hans Bösch war Tiefbautechniker und arbeitete am Institut für Orts-, Regional- und Landesplanung der ETH Zürich auf dem Gebiet der Verkehrs-Planung. Er veröffentlichte Romane, Satiren und Essays. Mit der Roman-Tetralogie "Der Sog, Der Bann, Der Kreis und Schweben" schuf er ein Werk, das durch die Lebensgeschichten der Figuren unser Jahrhundert widerspiegelt. (Quelle: wikipedia)

Alle drei Schriftsteller wurden in Form von Interviews vorgestellt. Autor der Serie war Kunstkritiker Fritz Billeter, der viele Jahre Kurlturredaktor beim Tages-Anzeiger war.  Ueber die Zeit, aus welcher dieses Zeitdokument stammt, sage Billeter: "Die Leute waren damals viel weniger informiert als heute. Ich erinnere mich, es gab damals eine Nonkonformisten-Zeitung, neben der Weltwoche eine kleinere, die Zürcher Woche, und die damalige Redaktorin für Kultur, die suchte verzweifelt jemand, der Bescheid wusste über Jackson Pollock. Fand einfach niemand und hat dann mich gefunden, und ich wusste Bescheid.".

Wie Hans Bösch hatte Kurt Marti einen "bürgerlichen" Beruf: Er war Theologe, 

22 Jahre lang Pfarrer an der Nydeggkirche in Bern. Er engagierte sich im Kampf gegen Atomwaffen, Atomkraftwerke, die US-Intervention in Vietnam und war Mitbegründer der entwicklungspolitischen Organisation Erklärung von Bern sowie der 2002 aufgelösten dissidenten Autorengruppe Olten.  Am meisten theologisch inspiriert hatte ihn nach Karl Barth auch Dorothee Sölle, die er seit den 1960er Jahren kannte. (Quelle: wikipedia)

Als Fazit der sechs Interview (es gibt noch drei weitere) schrieb Fritz Billeter damals: "Das literarische Leben unseres Landes blüht nicht gerade; doch die Schuld daran dürfte kaum bei unseren Autoren liegen. Wir machen vielmehr die Erfahrung, dass die Qualitätsspitze unsere Literatur breiter und tiefer geworden ist. Vor zehn Jahren hätte man auf die Frage, welches denn die bedeutendsten schweizerischen Autore der Gegenwart seine, mit zwei Namen Frisch und Dürrnmatt eine zureichende Antwort gegeben," Die Frage drängt sich auf: Wie ist die Situation heute?