Bericht von Gerhard Zbinden

12. Juli 2019

 

Die Aufführung ist sehr empfehlenswert!

 

Herzlichen Dank an Tom Volkers für diese sehr Karl May nahe Version vom Ölprinz. Das war eine Wohltat gegenüber der Version von Winnetou II im letzten Jahr mit der rührseligen Geschichte von Ribanna (doch diese Glorifizierung, wird bei praktisch jeder Bühne und wurde auch im 60er Jahre Film leider gemacht).

Diesmal wurde praktisch jede Szene aus dem Ölprinzen verwendet. Zwar wurden da auch gewisse Änderungen mit dem Personal gemacht (Szene Riesenochsenfrosch mit Kantor Hampel statt Hobble Frank). Aber dies ist absolut legitim und stört nicht. Erfreulich, dass der Hobble-Frank und die Tante Droll in den Kostümen von Shatterhand und Winnetou auftreten durften, genau wie in der Buchvorlage! Die Schauspieler konnten die meisten in diesem Jahr überzeugen. Auch wurden diesmal nicht total unnötige Figuren in die Story eingefügt und die zusätzlichen Kinderrollen waren sehr erfrischend. Bei den Kampfszenen ist, wenn man mit anderen Bühnen vergleicht noch Luft nach oben, aber sicherlich besser als letztes Jahr.

Zu Tom Volkers als Winnetou kann man sagen, dass er seine Rolle gut und routiniert spielte, jedoch ist er für meinen Geschmack etwas über seinem Zenit angelangt. Ein Winnetou, der zwar versucht ohne Steigbügel aufs Pferd zu steigen ist zwar wunderbar, aber es wirkt etwas beschämend, wenn er mit viel Mühe sich aufs Pferd ziehen muss. Da lob ich mir Matthias M. von Dasing oder Michael Berndt-Cananá in Rathen, bei denen es aussieht, wie man es sich von einem Indianer vorstellt. Drum bitte auf solches Aufsteigen verzichten oder einem jüngeren Winnetou Platz machen. Richard Bucher als Old Shatterhand zeigte sich wohltuend charmant, sympathisch und zurückhaltend (nicht wie der besserwisserische Shatterhand in den Büchern). Dass Richard Bucher vor dieser Rolle erst zweimal auf einem Pferd gesessen ist, fällt nicht auf und gebührt grossen Respekt vor seiner Leistung.

Der Ölprinz, dargestellt durch Philipp Lüscher, hatte zwar nicht so eine enorme Präsenz wie Sven Furrer vor 2 Jahren als Santer, aber in seinem Spiel konnte man die Verschlagenheit und Hinterlist gut herausfühlen und das Zusammenspiel mit seinem Halbbruder Buttler (Yves Vaucher) war absolut glaubwürdig.

Gewohnt lustig und trotzdem nicht clownesk Sam Hawkens alias David Mattäus Zurbuchen. Jedoch wurde ihm in diesem Jahr durch die Frau Rosalie Ebersbach (hervorragend Jasmin Clamor) und dem Hobble-Frank (Martin Kaufmann) der Rang abgelaufen, welche beide mit sächischem Dialekt immer wieder für Unterhaltung sorgten. Weiter ist auch noch Christoph Wettstein in der Doppelrolle als Ko Maku und Mokaschi zu erwähnen, welcher mit seiner tragenden Stimme die beiden unterschiedlichen Häuptlinge überzeugend darstellte und auch für Lacher sorgte, als er seine beiden Töchter für ihre Vorwitzigkeit sehr konservativ zurechtwies. Auch die anderen Rollen sind sehr gut besetzt. Alle zu erwähnen, würde zu weit führen.

In Engelberg ist mit dieser Aufführung ein zartes Pflänzlein gewachsen. Aber wie hat sich auch Karl May einmal so schön ausgedrückt, keine Rose ohne Dornen.

Bei der Aufführung ist meines Erachtens die Bühne zwar fantastisch und eindrücklich, aber leider zugleich viel zu gross. Dass führt dazu, dass immer wieder Längen entstehen und man nicht genau weiss, was passiert und dass man unter Umständen etwas verpasst (mir z. Bsp. Im letzten Jahr passiert, als ich doch prompt das Schicksal des einen Bösewichts verpasst habe). Meiner Meinung wäre weniger mehr (kleinere Bühne und nur eine Tribüne) und man könnte aus einem sehr guten Stück ein hervorragendes Stück machen. Dies ist der einzige Dorn bei der Aufführung.

(Foto: Festspiele Engelberg)
(Foto: Festspiele Engelberg)

Die restlichen Dornen kommen zur Infrastruktur. Zwar geht eine davon teilweise noch auf meine Kappe, da ich die Internetseite nicht konsultiert hatte und deshalb angenommen hatte, dass der Parkplatz immer noch bei der Titlis Bahn ist. Dort wurde uns beschieden, dass man ganz ins Tal fahren könne oder dass man noch bei einem anderen Parkplatz parken könne. Als wir zu einem Wegweiser gelangten, welcher zum Parkplatz und Shuttle Bus hinwies, folgte wir diesem und waren plötzlich im Niemandsland. Zwar konnte man den Parkplatz der Brunibahn sehen, aber kein Hinweis, dass dies für Winnetou vorgesehen ist und dass dort der Shuttle Bus abfährt. Gut fuhr grad ein Shuttle Bus vor, so dass man davon ausgehen konnte am richtigen Ort zu sein. Nachdem wir doch noch glücklich auf dem Gelände ankamen, kam die nächste Dorne: die Verpflegung! Es gab nur zwei Essensstände und einen Getränkestand und zwei Kaffeestände. Dies sind im Minimum zwei Stände weniger als letztes Jahr. Wenn so viele Leute wie bei der Premiere kamen, ist diese Auswahl definitiv zu wenig. Wir waren relativ frühzeitig vor Ort und es hatte noch nicht viele Leute, trotzdem sind wir bei den Hamburgern 20 Minuten angestanden. Das Unglaublichste war noch, als die vor uns stehenden Leute Pommes frites bestellen wollten, hiess es, man müsse ca. 20 weitere Min. warten!!!! Man habe leider nur eine kleine Friteuse. Ich habe für solche Unzulänglichkeiten im ersten Jahr Verständnis, aber wenn die Qualität bzw. Quantiät von Jahr zu Jahr ab- statt zunimmt, habe ich schon meine Fragen. Glücklicherweise war wie schon erwähnt, das Stück sehr erfreulich und hat meine Stimmung daher wieder gehoben. Ich hoffe, dass auch noch an den erwähnten Punkten gearbeitet werden kann, so kann dann aus dem zarten Winnetou-Pflänzchen Schweiz ein starker Baum werden! Und wie gesagt die Aufführung ist sehr empfehlenswert!

 

Die Fotos stammen (mit einer Ausnahme) vom Autor des Berichts. Für Facebook-Nutzer sind mehr als 50 Fotos hier einzusehen.